Sauerland

Das wilde Sauerland

Deutschland ist ein Land der Mittelgebirge. Viele kleinere Erhebungen im (fast) gesamten Bundesgebiet stellen geradezu eine Spielwiese für ambitionierte Paddler dar, bei denen die Alpen nicht gerade um die Ecke liegen. Besonders populär ist der Harz mit der Oker, die Eifel mit der Rur oder besonders der Schwarzwald mit wilden Bächen wie Alb, Wehra oder Wutach. Das Sauerland, im Südosten NRWs gelegen, fristet hingegen eher ein Schattendasein. Doch warum eigentlich? Dies soll ein Plädoyer werden für eins der schönsten Paddelreviere jenseits der Hochgebirge.

Zunächst eine Warnung vorweg. Sauerlandpaddler müssen hartgesottene Menschen sein, denn mehrere Dinge erschweren ihr Paddlerleben. 1. Die Saison beginnt meist im Oktober/November und dauert bis März/April an. Niedrige Temperaturen sind also die Regel und keine Ausnahmen. Dicke Fleecepullis, Handschuhe und Thermoskannen mit warmen Tee gehören zur Grundausstattung eines erfahrenen Sauerlandpaddlers. 2. Die Flüsse im Sauerland sind allesamt Kleinflüsse mit ihren typischen Hindernissen, sprich Bäumen und Stacheldrähten. Absolute Paddelästheten mit den neusten Klamotten sind hier fehl am Platz, denn wer will sich schon seine gute Paddeljacke am Stacheldraht aufreißen. Eine alte oder preiswerte „Überziehjacke“ ist Pflicht, ebenso Helm und Schwimmweste, die nach einer Tour auch schon mal mit Rinde, Moos und Blättern geschmückt sein können. 3. Man sollte auf schiefe Blicke, besonders von nichtpaddelnden Freunden oder Kollegen, vorbereitet sein, wenn man sich über heftige Regenfälle oder Tauwetter mit einsetzenden Regen freut. Zudem sollte der geneigte Winterpaddler sich bereits im Vorfeld Antworten auf die Fragen: „Wie bei dem Wetter?“, „Ist das nicht zu kalt?“ oder „Hier wollen Sie einsteigen?“ überlegen, da man diese des öfteren hört. Lässt man sich von all diesen Punkten nicht abschrecken, ist man bereit für ein wunderschönes Paddelrevier, das seinesgleichen sucht.

Die zwei „Hauptadern“ des Sauerlands

Na klar, die Ruhr kennt jeder. Durch das nach ihr benannte Ruhrgebiet ist sie sogar auf der ganzen Welt bekannt. Paddler sehen in ihr vornehmlich einen schönen Wanderfluss, der über zahlreiche Stauseen durch den Pott führt. In ihrem Oberlauf kann die Ruhr allerdings auch ganz anders. Wer den obersten Einstieg, nur wenige hundert Meter nach der Quelle bei Winterberg wählt, sollte ein sehr erfahrener Kleinflussfahrer sein. Zahlreiche Draht- und Baumhindernisse warten auf. Hinzu kommt Wildwasser, dass so manchesmal den Dritten Grad erreicht, nur, dass keine Kehrwasser vorhanden sind. Enge Ortsdurchfahrten und flaches Unterwasser bei Steilwehren erfordern ganze Aufmerksamkeit. Für Experten gibt es kaum einen schöneren Abschnitt im ganzen Sauerland. Wer es lieber leichter mag oder Kleinflüsse erst kennenlernen möchte, der steigt erst in Bigge-Olsberg ein. Bis Meschede wird man mit flotter Strömung und vielen fahrbaren Wehren belohnt, an denen man seinen Boof perfektionieren kann. Vorsicht allerdings bei zuviel Wasser, dann lauern so einige Rücklaufstufen auf übermütige Paddler. Ein absoluter Big-Water-Run ist die Ruhr dann ab Arnsberg. Durch hohe Wellen und ausgezeichnete Surfspots lohnt sich eine Fahrt vor allem mit dem Spielboot bis Hüsten oder Neheim, anders kann man die Fahrt noch bis Haus Füchten fortsetzen. Leider hat diese Strecke ein großes Manko. In den Wintermonaten ist sie gesperrt, die genauen Daten können dem DKV- Sportprogramm entnommen werden. Doch mit viel Glück hat man auch noch genug Wasser, wenn die Sperrung wieder aufgehoben ist.

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„Hawaii-sur-Ruhr“

Als größter Nebenfluss der Ruhr bildet die Lenne mit ihren Nebenflüssen die zweite Hauptader der Sauerlandflüsse. Sie fließt durch Hohenlimburg und die dazugehörigen Slalomstrecke, so weit, so gut, so bekannt. Viel interessanter als der Unterlauf ist für jeden Kleinflussfahrer natürlich, wie soll’s auch anders sein, der Oberlauf. Je nach Wasserstand kann man seinen Einstieg frei wählen. Hierbei sollte man sich allerdings nicht verwirren lassen durch ähnliche Ortsnamen wie In der Lenne, Lenne oder Lennestadt. Bei genügend Wasser lohnt eine Befahrung ab Westfeld. Wenn jeder Fluss seinen ganz eigenen Charakter hat, so manifestiert sich der der Lenne in ihren zahlreichen Wehren. Bei normalem Wasserstand eine willkommene Abwechslung, können sie für so manchen bei viel Wasser zur Schinderei werden. Aber immerhin bekommt man beim Umtragen wieder warme Hände. Auch geht das Gerücht, dass so mancher Paddler nach einer durchzechten Nacht im Rücklauf der Wehre ganz schnell wieder ausgenüchtert wurde.

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Die obere Lenne, kurz nach Westfeld

Das Klassiker-Triple

Als linker Nebenfluss mündet die Wenne bei Freienohl in die Ruhr. Aufgrund ihrer Größe (für einen Sauerlandbach) gehört sie zu den Flüssen, die nach Regenfällen am ehesten genügend Wasser führen. Das Standardstück von Bremke bis Freienohl bietet vor allem nicht so versierten Fahrern wunderbaren Fahrspaß. Es sind kaum Baumhindernisse vorhanden, dafür aber das ein oder andere Wehr, das befahren werden möchte. Hinzu kommen einige Schwälle, die ständig Abwechslung bieten. Auf diesem Stück ist lediglich einmal besondere Vorsicht geboten, an einer Rücklaufstufe kurz vor der Mündung. Wer sich hier bei einer Befahrung nicht sicher ist, der trägt besser. Alle Paddler, die es etwas anspruchsvoller mögen, wählen bei ausreichendem Wasserstand den Einstieg in Oberberndorf. Hier ist die Wenne zunächst ein kleiner Bach, kaum bootsbreit. Baumhindernisse, niedrige Stege und eine flotte Strömung bestimmen das Flussbild. Bei hohen Wasserständen ist das Wehr nach der Leissemündung ein absolutes Highlight.

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Das Wehr nach der Leissemündung

Neben der Wenne, erreicht auch der Pegel der Möhne schnell einen fahrbaren Wasserstand. Wobei bei der Möhne gilt: Je mehr Wasser, desto besser. Denn paddelt man beim Mindestpegel, leiden die Boote an den zerfallenen Wehren, die in der sauerländer Fachsprache auch „Holterdipolter-Wehre“ genannt werden. Insgesamt ist die Möhne schon etwas anspruchsvoller, da sie mit zahlreichen Buschhindernissen gespickt ist. Langeweile kommt also nie auf.

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Fast schon Wildwasser auf der Möhne

Am äußersten Rand des Sauerlands gelegen, macht die Alme das „Triple“ der größeren Sauerlandflüsse komplett. Sie kommt eher gemächlich daher, was aber nicht bedeutet, dass sie langweilig wäre. In den letzten Jahren wurden einige der Stufen renaturiert. Die nun entstandenen, verwinkelten Durchfahrten benötigen einiges an Technik, um sauber durchzukommen. Selbst erfahrene Paddler sind hier schon gescheitert. Tückische Fallen warten auch besonders auf Paddelanfänger. Während alte Hasen den mäandrierenden Flusslauf genießen, kämpfen Anfänger mit den Tücken der Kehrwasser in den Innnenkurven, die sie das ein oder andere Mal drehen und so aus dem Konzept bringen. Besonders sehenswert ist am Ausstieg die Wewelsburg. Hat man nach dem Paddeln noch Zeit und Muße übrig, lohnt sich ein Abstecher auf den Burghügel.

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Blick auf die Wewelsburg

Im tiefsten Sauerland

Wagt man sich ins tiefste Sauerland hinein, so warten dort auch einige Schmankerl auf einen. Einer davon ist die Elpe. In einem ruhigen Seitental der Ruhr gelegen, besticht dieser Fluss vor allem durch seine landschaftlichen Highlights. Wald- und Wiesenabschnitte wechseln sich beständig ab. Schnelle Strömung, sowie einige Draht- und Baumhindernisse erfordern dennoch ständige Aufmerksamkeit.

Der oberste fahrbare Zufluss der Ruhr sorgt bei Auswärtigen immer wieder für Erheiterung: Neger. Heutzutage als Ausdruck eher Schimpfwort und nicht gerade politisch korrekt, lächelt einem am Willkommensschild im Negertal ein Farbiger in klischeehafter Buschbekleidung entgegen. Auch sowas gehört zum Sauerland. Nichtsdestotrotz ist das Tal einen Abstecher wert. Die Neger bietet eine flotte, nicht ganz einfache Fahrt. Besonderes Augenmerk sollte man auf den Einlauf in den kleinen Stausee legen. Bei den meisten Wasserständen stellt der dortige Rücklauf ein unüberwindbares Hindernis dar. Auch das hohe Wehr am Seeausgang ist nicht zu unterschätzen, wer sich hier nicht tausendprozentig sicher ist, trägt lieber.

Der Namenlosbach ist wohl mit das extremste, was das Sauerland zu bieten hat und deshalb nur absoluten Experten vorbehalten. Als rechter Nebenbach der Neger bringt er auch einen Großteil des Wassers der Neger. Auf gerade einmal fünf Kilometern ist eine Befahrung möglich. Doch diese kurze Strecke hat es in sich. Rasend schnell, ohne ein einziges Kehrwasser, geht es in einer schmalen Rinne los. Viele kleine Äste verhindern ein weit vorausschauendes Fahren. Eine Brücke läutet dann das steile Stück des Namenlosbachs ein. Mehrere Wehre und Stufen folgen dicht hintereinander. Hier ist ein kurzes Besichtigen durchaus ratsam, denn ein verklemmter Baum in diesem Abschnitt stellt ein extremes Risiko dar. Nach und nach beruhigt sich der kleine Wildfang dann, bevor er in Siedlinghausen in die Neger mündet.

Eher ruhig und beschaulich geht es auf der Heve, einem kleinen Nebenfluss der Möhne zu. Steigt man in Hirschberg ein, durchfährt man auf achtzehn Kilometern das Naturschutzgebiet des Arnsberger Waldes. Die Straße verläuft weit ab vom Fluss und man trifft höchstens mal einige Wanderer oder Mountainbiker, ansonsten hat man den Wald für sich. Vergleichsweise mäßige Strömung lässt auch Kleinflussneulinge in den Naturgenuß kommen. Allerdings sollte man auch eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen, da, auf Grund des Status als Naturschutzgebiet, umgestürzte Bäume nicht aus dem Flusslauf entfernt werden dürfen. Dafür wartet am Ausstieg in Neuhaus eine Gaststätte mit leckerem, warmen Kakao und hausgemachten Kuchen auf einen.

Highlights im oberen Lennetal

Am Hundembach, einem linken Nebenfluss der Lenne, sollte man sich von der verwirrenden Namensgebung im Flussführer nicht konfus machen lassen. Wählt man den Einstieg am Ortsausgang in Heinsberg, kommt man auf dem Fluss gar nicht auf die Idee, dass man sich eigentlich auf drei verschiedenen Bächen bewegt. Der kleine Bach an sich, lässt in seinem Oberlauf für ein Grübeln über verschiedene Namen auch keine Zeit. Baumhindernisse, niedrige Stege und auch tief hängende Drähte fordern volle Aufmerksamkeit. Besonders herauszustellen ist hierbei der ‚Triangel- Draht‘ in Albaum, dieser ist in Form eines Dreiecks über den Fluss gespannt. Hinzu kommt, dass man direkt vor dem Draht kaum Anhalten kann mangels Kehrwasser. Hier empfiehlt es sich, größeren Abstand zum Vordermann zu halten. Kurz vor der Mündung, lauert ein, bei hohen Wasserständen, extrem gefährliches Schrägwehr. Meterlanger Rücklauf und Mauern auf beiden Seiten machen es zur Todesfalle (bei wenig Wasser ist es vollkommen harmlos). Auf der rechten Seite kann es aber problemlos umtragen werden.

Nur wenige Kilometer von der Hundembachmündung entfernt, mündet die Veischede ebenfalls von der linken Seite in die Lenne. Zu Beginn recht kleinflusstypisch und ebenso anspruchsvoll, hat dieser kleine Graben noch eine Überraschung in petto: den Veischede-Katarakt. Am Eingang des kleinen Örtchens Bilstein heißt es dafür an einer Brücke rechts raus. Denn selbst wenn man den Katarakt schon kennt, kann ein verklemmter Baum hier besonders gefährlich werden. Direkt hinter der Brücke geht es über eine schräge Rutsche zunächst abwärts, ein flacheres Stück mit kleineren Walzen folgt, bevor der Katarakt in seinem Höhepunkt gipfelt: eine ungefähr zwei Meter hohe Stufe, die man besser booft, wenn man nicht von dem dicken Loch verschlungen werden möchte. Ein Umtragen ist, wenn auch umständlich, auf der rechten Seite möglich. Von dort aus sollte der Katarakt auch besichtigt werden, das linke Ufer ist Privatbesitz und die Anwohner sehen es nicht so gerne, wenn eine Horde Paddler durch die Gärten trampelt. Nach Bilstein wird die Veischede etwas offener und auch um einiges leichter, so dass ab hier schwächere Fahrer zusteigen können.

Am Rande des Ruhrgebiets

Schon am Ruhrgebiet kratzend, mündet die Volme bei Hagen in die Ruhr. Vergleichsweise groß, bietet sie, anstatt vieler Bäume, Büsche und Drähte, vor allem eins: Wehre. Je nach Wasserstand können die meisten davon befahren werden. Eine jeweilige Besichtigung ist jedoch unerlässlich. Rückläufe oder flaches Unterwasser können einem Paddler das Leben schwer machen. Ein hoher Pegel ist dennoch empfehlenswert. Die Volme wird dann zum schnellen Wuchtwasserritt mit flotter Strömung und hohen Wellen. Landschaftlich ist das Volmetal leider durch einige Industriebauten verschandelt.

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Gut eingeschänkt auf der Volme

Volllkommen zweigeteilt präsentiert sich die Ennepe, ein linker Nebenfluss der Volme. In ihrem Oberlauf durchfließt sie die sogenannte ‚Wilde Ennepe‘, ein ruhiges idyllisches Tal mit Wiesen und Wäldern und, gefühlt, höchstens zehn Häusern. Ab dem Ortseingang Ennepetal ändert sich dieses Bild drastisch: alte und neue Fabrikanlagen säumen das Flussufer, eine vielbefahrene Straße wird zum ständigen Begleiter. Vielleicht auf Grund dieser krassen Gegensätze ist eine durchgehende Befahrung besonders lohnend. Auch wenn der Oberlauf idyllisch anmutet, Zeit zum träumen hat man keine. Einige Wehre, Baumhindernisse und schnelle Strömung machen die Fahrt sehr kurzweilig. Nach einem kleinen Stau folgt der Höhepunkt dieses Abschnitts: ein ca. dreieinhalb Meter hohes Steilwehr. An der geraden Kante kann man seinen Boof üben bis er wildwassertauglich ist. Paddler mit Höhenangst können das Wehr leicht auf der linken Seite umtragen. Der städtische Teil der Ennepe ist mit so einigen Wehren gespickt, die aber alle durchaus fahrbar sind. Ein kurzes Tunnelstück sorgt für echtes Abenteuerfeeling. Der Ausstieg in Gevelsberg sollte nicht verpasst werden, eine Weiterfahrt ist nicht besonders lohnenswert. Es folgt ein unfahrbares Wehr mit einer mühsamen Umtrage und weitere Wehre, die nur bedingt fahrbar sind. Hohe Mauern erschweren zumeist ein leichtes umheben eben dieser.

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Das hohe Wehr der Ennepe

Der Hönne eilt ein wilder Ruf voraus und das, obwohl sie nicht unbedingt wilder oder schwieriger als andere Kleinflüsse der Gegend ist. Grund dafür ist der berüchtigte „Hönnekatarakt“ beim Bahnhof in Binolen. Der Katarakt ist eine ca. ein Meter hohe Stufe, die etwas verwinkelt ist. Bei höheren Wasserständen steht dort auch schon mal ein gutes Loch. Ansonsten weist die Hönne die typischen Kleinflusscharakteristika auf, einige Baumhindernisse und viele Wehre. Wie bei der Möhne gilt: Je mehr Wasser, desto besser. Frühere, lebensgefährliche Rücklaufwehre wurden allesamt zu Holterdipolter-Wehren umgebaut, die nun auch entsprechend auf das Bootsmaterial gehen können.

Wirklich wild und nur für Experten ist die Öse, ein linker Nebenbach der Hönne. Beim Einstieg in Ihmerter Bach darf man sich nicht täuschen lassen. Dieser schmale Graben hat es, besonders auf den ersten Kilometern, gewaltig in sich. Spätestens wenn die Öse von der rechten Straßenseite wieder zur linken wechselt, geht es richtig rund. Die niedrige Straßenbrücke (an der man besser nicht schwimmen geht) und das darauf folgende Stück, an der rechten Flussseite eingemauert, sind echtes Wildwasser auf einer Flussbreite von gerade mal anderthalb Metern, ohne Kehrwasser wohlgemerkt. Nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten wird der Fluss immer breiter und auch um einiges leichter. Ein mehrstufiges Wehr mit extremen Rücklauf im Unterlauf wird besser umgetragen, wenn man denn an seinem Leben hängt.

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Eng gehts zu auf der Öse

Der Osten des Sauerlands

Es gleicht schon ein bisschen einer Pilgerfahrt, wenn man bei ausreichendem Wasserablass nach Helminghausen an die Diemel kommt. Paddler aus allen Richtungen kommend tümmeln sich am Einstieg oder suchen nach kaum vorhandenen Parkplätzen. Die Diemel ist massentauglich, ein Kleinfluss für Einsteiger sozusagen, außerdem ist sie durch den Ablass auch bei milderen Temperaturen zu befahren. Größtenteils weit weg von jeglicher Zivilisation schlängelt sie sich durch ein ruhiges bewaldetes Tal. Gute Strömung sorgt für ein schnelles Vorankommen, einige Wehre bringen weitere Abwechslung. In den letzten Jahren wurden einige Wehre renaturiert. Übrig geblieben sind dort nun verblockte Schwälle, die man gut als Übungsstellen nutzen kann.

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Die Diemel im renaturierten Teil

Abseits des Skirummels in Winterberg liegt die Orke. Der linke Nebenfluss der Eder liegt in in einem beschaulichen Tal mit nur kleinen Ortschaften. Vorsicht ist dennoch geboten. Nach der Mündung der Aar folgen einige Schrägwehre, die bei Hochwasser einen lebensgefährlichen Rücklauf bilden. Umtragen ist dann Pflicht. Wer sich bei viel Wasser die Strapazen nicht antun möchte, steigt erst in Dalwigksthal ein. Bis zur Mündung folgen nun keine Wehre mehr, dafür eine Burg (sehr sehenswert) und einige wuchtige Schwälle (sehr spaßig).

Geographisch und landschaftlich ähnelt die Nuhne der Orke sehr. Sie mündet einige Kilometer oberhalb auch von links in die Eder. Der Unterschied zur Orke besteht in den Wehren. Während sie bei der Orke rücksichtslose Paddlerfallen sind, laden die Wehre der Nuhne zumeist zu einer Befahrung ein.

Klein, steil und oho! So lässt sich die Elsoff, ein weiterer linker Nebenfluss der Eder, charakterisieren. Sie zeigt, dass man auch im Sauerland über Grundgestein (leider nur Schiefer und kein Granit) rutschen kann. Büsche und Bäume erschweren zusätzlich die Fahrt, die, vor allem zu Beginn, durchaus Wildwasser zu bieten hat. Mit der Zeit beruhigt sich der kleine Bach dann etwas. Wehre verschiedenster Art wollen präzise befahren werden und niedrige Stege oder diverse Zäune fordern weitere Aufmerksamkeit. Es sollten sich also nur absolute Kleinflussexperten auf die Elsoff trauen.

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Steile Meile auf der Elsoff

Ist das noch Sauerland?

Ist das überhaupt noch Sauerland fragt man sich bei der Pöppelsche. Geographisch eher am aller äußersten Rand gelegen, reiht sie sich von ihren Charakteristika her perfekt in die Reigen der Sauerlandbäche ein und sollte auch deshalb noch erwähnt werden. Mit Drähten, Büschen und einem Wehr bietet sie alles was einen richtigen Kleinfluss so ausmacht. Doch die Pöppelsche kann noch ein bisschen mehr. Auf einem kurzen Abschnitt bilden kleine Naturstufe und zackige Kurven leichtes Wildwasser, das leider viel zu schnell auch schon wieder vorbei ist.

Und jetzt?

Nach der Lektüre der vorangehenden Beschreibungen mag sich jetzt so mancher fragen: und wofür das Ganze? Drähte, Bäume, gefährliche Wehre – das lohnt doch gar nicht. Naja, das stimmt nicht ganz. Nicht jeder ambitionierte Wildwasserpaddler lebt im Süden der Republik und nennt Wildflüsse seine Hausbäche. Es gibt also einige gute Gründe für das Sauerland. Wer auch im Winter bewegtes Gewässer paddelt, bleibt in Übung und ist fit für die neue Saison. Kleinflüsse erfordern eine präzise Technik, wer einmal die Bootsspitze falsch ausrichtet, den kann es schnell zerlegen. Und: wer alle, hier erwähnten, Flüsse ohne Probleme bewältigt, der hat für Wildwasser III nur noch ein müdes Lächeln übrig. Also: nicht abschrecken lassen, ab aufs Wasser und ausprobieren.


Info-Box

Allgemeines

Genau lässt sich das Sauerland geographisch nicht abgrenzen, grob gesagt, liegt es im Süden Westfalens. Die höchsten Erhebungen sind um die 840 m hoch. Zahlreiche Stauseen, kleine Flüsse und bewaldete Hügel bestimmen das Landschaftsbild. Die Bevölkerungsdichte ist eher gering, kleine Dörfer sind die vorherrschende Siedlungsform.

Logistik

Im Sauerland muss man schon mal längere Anfahrtszeiten mit einplanen. Es gibt nur wenige Autobahnen (A44, A45, A46), die zumeist auch nicht direkt zu den einzelnen Flüssen führen. Die kurvigen Landstraßen sind aber zum größten Teil gut ausgebaut. Zudem verlaufen sie oft auch in Flussnähe, so dass ein eventueller Fahrtabbruch fast immer möglich ist.

Übernachtung

Da die Sauerlandsaison in der kalten Jahreszeit stattfindet, bietet sich für Auswärtige eine Übernachtung im Bootshaus an, zum Beispiel beim Kanu Club Wickede (www.kanu-club-wickede.de). Ein Vorteil hierbei ist, dass die Eingeborenen Gleichgesinnten gerne ihr Revier zeigen. In den sauerländer Skigebieten gibt es aber auch einige Campingplätze, bei denen Wintercamping möglich ist.

Empfohlene Fahrtstrecken

Ruhr

Tour 1: Straßenbrücke B 480 (kurz hinter der Quelle) – Negermündung 15,5 km

Pegel: Meschede 125 cm

Besonderheiten: Nur für Experten! Nur in Kleingruppen.

Tour 2: Bigge-Olsberg – Meschede 18 km

Pegel: Meschede 80 cm

Tour 3: Eisenbahnbrücke km 155,5 – Haus Füchten 22 km

Pegel: Meschede 130 cm → für Spielbootfahrer, ansonsten reichen 80 cm (ab Hüsten ganzjährig)

Besonderheiten: Achtung: dieser Abschnitt ist vom 16.10. bis zum 31.03. gesperrt.

Lenne

Westfeld – Straßenbrücke Meggen-Halberbracht 35 km (es können auch beliebige Ein-und Ausstiege zwischendurch gewählt werden)

Pegel: Kickenbach 160 cm (ab Westfeld); 110 cm (ab Schmallenberg)

Wenne

Obere: Oberberndorf – Bremke 12 km

Pegel: Wenholthausen 80 cm

Standard: Bremke – Freienohl (Ruhr) 20 km

Pegel: Wenholthausen 60 cm

Möhne

Brücke Rüthen-Warstein – Niederbergheim 19 km

Pegel: Belecke 70 cm (Mindestpegel, besser ist 80 cm)

Alme

Weine – Wewelsburg 19 km

Pegel: Weine 60 cm (ab Büren 55 cm)

Hönne

Balver Höhle – Brücke B7 Menden 15 km

Pegel: Menden 65 cm (Mindestpegel, besser 90 cm)

Öse

Ihmerter Bach – Mündung 15 km

Pegel: Hönne/ Menden 120 cm

Besonderheiten: Der Oberlauf ist nur für Experten! Nur in Kleingruppen.

Elpe

Sportplatz Elpe – Mündung 15 km

Pegel: Ruhr/ Meschede 105 cm

Neger

Siedlinghausen – Mündung 15 km

Pegel: Ruhr/ Meschede 105 cm

Namenlosbach

5 km oberhalb der Mündung (Parkplatz) – Mündung 5 km

Pegel: Ruhr/ Meschede 120 cm

Besonderheiten: Nur für Experten! Nur in Kleingruppen.

Tip: Lässt sich gut mit einer Befahrung der Neger verbinden.

Heve

Hirschberg – Neuhaus 18 km

Pegel: Möhne/ Belecke 95 cm

Besonderheiten: Keine direkte Autobegleitung möglich.

Hundembach

Heinsberg – Mündung 16 km

Pegel: Herrntrop 50 cm (Achtung: bei einem Pegel über 60 cm erreicht der Hundembach schnell die Grenze der Befahrbarkeit → wegen niedriger Stege und Drähte)

Veischede

Oberveischede – Mündung 15 km

Pegel: Lenne/ Kickenbach 120 cm

Volme

Kierspe – Schalksmühle 19 km

Pegel: Stephansohl 50 cm

Ennepe

Ausgleichbecken – Parkplatz Nirgenastraße Gevelsberg 19 km

Pegel: Hagen-Haspe 80 cm

Besonderheiten: Die Autos müssen am Einstieg am nahe gelegenen Wanderparkplatz geparkt werden (einige hundert Meter oberhalb des Auslaufwehres).

Diemel

Helminghausen – Marsberg 22 km

Pegel: Ablass Diemeltalsperre 3 m³/sec.

Orke

Aar Mündung – Sportplatz Ederbringhausen 15 km

Pegel: Eder/ Auhammer 120 cm (ab Dalwigksthal 100 cm)

Nuhne

Somplar – Schreufa 15 km

Pegel: Eder/ Auhammer 110 cm

Elsoff

Wunderthausen – Mündung 15 km

Pegel: Eder/ Auhammer 160 cm (ab Alertshausen 140 cm)

Besonderheiten: Nur für Experten! Nur in Kleingruppen.

Pöppelsche

HW-Rückhaltebecken – Mündung 15 km

Pegel: Lippe/ Böckenförde2 100 cm

Besonderheiten: Steigt der Bezugspegel der Lippe sprunghaft um 30 cm an, lässt das Hochwasserrückhaltebecken der Pöppelsche ab.

Pegeldienste

http://luadb.lds.nrw.de/LUA/hygon/pegel.php?karte=nrw

http://www.kanu-nrw.de/content/index.php/2012-01-01-19-49-52/2015-11-18-14-22-22/2012-01-01-20-15-40/pegeldienst-kv-nrw1

Literatur

Gewässerführer für Nordrhein-Westfalen. 7.Auflage (2011);

auch im Internet unter:http://www.flussfuehrer-nrw.de/

Anmerkung

Die Flüsse unterliegen ständigen Veränderungen, besonders was Baumhindernisse angeht. Die oben genannten Beschreibungen sind also nur ungefähre Richtwerte, nach einem Sturm kann alles wieder ganz anders aussehen. Alle Wehre im Sauerland sind mit Vorsicht zu genießen. Im Zweifelsfall, vor allem wenn man keine Erfahrung mit Wehren hat, trägt man besser um.

Erstmals erschienen in Kanu Sport 03/2014

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